17-01-2020

Black Business Women in Berlin

Unsere Autorin ist 26 Jahre alt, Schwarz – und Geschäftsführerin. Vergangenen Samstag ist sie für das „Black Business Women“-Event nach Berlin gefahren.

„Schon damals, vor über zehn Jahren, berichtete ich in Zeitungsartikeln über meine Erfahrungen als Schwarzes Mädchen in einem weissen Land. Ich wollte aufzeigen, dass Diskriminierung – wenn auch unbewusst – alltäglich ist. Später studierte ich Soziologie, reiste um die Welt, das Schreiben war längst zu meinem Beruf geworden.

Heute bin ich Geschäftsführerin der Agentur Nunyola. Nebst Kommunikationsdienstleistungen und Eventorganisation verfolgen wir unsere eigenen Projekte, mit denen wir uns für eine etwas bessere Welt einsetzen. Wir organisieren beispielsweise das erste Schweizer Schoggifestival für eine nachhaltige Schokoladenproduktion. In der Businesswelt bin ich nach wie vor ein Unikum: Ich bin jung, weiblich, und Schwarz. Umso mehr habe ich mich über die Einladung an den „Black Business Women“-Event nach Berlin gefreut.

Das Solidarisierungs-Lächeln

Auf dem Weg zum Event spaziere ich durch die Bergmannstrasse in Berlin-Kreuzberg, wo mir auffällt, dass ich um mich herum kaum eine Schwarze Person sehe – und wenn, dann lächeln wir uns anerkennend zu. Denn auch ich habe krauses Haar und eine dunkle Hautfarbe. Das Solidarisierungs-Lächeln kenne ich aus meiner Heimat nur zu gut. In Schwamendingen und später in Willisau aufgewachsen, kannten wir unsere Schwarzen Mitmenschen, und wenn nicht, so zeigte man sich erfreut, wenn man sich begegnete.

Am „Black Business Women“-Event sollen sich Afro-Europäerinnen aus der Businesswelt treffen, austauschen und vernetzen können. „Wir sind als Afro-Europäerinnen oft mit anderen Themen konfrontiert als andere Menschen in der Arbeitswelt. Was bereits damit beginnt, dass wir an unserem Arbeitsplatz meist die einzigen mit dunkler Hautfarbe sind“, so die Veranstalterin Alina Hodzode. „Somit werden wir teilweise mit anderen Fragen, Stereotypen und Bildern konfrontiert als unsere Kolleginnen und Kollegen.“

20 Businessfrauen aus verschiedenen Branchen

Zusammen mit der Diplompsychologin Stephanie Cuff gründete sie im Oktober 2018 die Onlineplattform „MyUrbanology„, auf welcher sie Themen in Kategorien wie Lifestyle, Health oder Role Model rund um das „Schwarzsein“ behandeln.

Ein wichtiger Teil der Onlineplattform ist die Vernetzung: „Weil wir mit so tollen Frauen übers Netz im Kontakt stehen, wollten wir diese auch einfach mal kennenlernen“, so Stephanie. Am Samstag war es zum zweiten Mal so weit. Eingeladen waren zwanzig Schwarze Businessfrauen aus verschiedenen Branchen, mit verschiedenen Positionen.

Die Sonne funkelt auf den Berliner Dächern. Mit Prosecco in der Handlachen und diskutieren wir, prosten uns zu und erzählen aus unseren jeweiligen Leben. Die meisten sind hier, um einfach mal mit jemandem zu reden, dem es im Leben ähnlich ergeht. Viele tragen ihrlockiges Haar offen, was in der Arbeitswelt bis vor Kurzem nicht selbstverständlich war. Auch ich erinnere mich an den mehrmals gehörten Tipp, mein Haar für Meetings besser zu „bändigen“.

Es kommt die Frage auf, ob ein solcher Anlass nicht auch ausgrenzend sei. Die beiden Veranstalterinnen sind sich einig: „Nein, es geht bei diesem Event darum, dass wir uns zum Austausch überhaupt finden in einer Welt, in der wir die Minderheit darstellen“, sagt Alina. Stephanie ergänzt: „Business-Meetings sind ja auch oft reine Männerrunden. Das hat allerdings einen so normalen Charakter, dass es weder benannt noch gerechtfertigt werden muss.“

„Darf ich dir mal in die Haare fassen?“

Während der Vorstellungsrunde wird schnell klar: Bei den Anwesenden handelt es sich allesamt um selbstbewusste Frauen, die es geschafft haben, ihren Platz in der Welt zu finden. „Ich bin aus Berlin“, sagt Ciani Sophia Höder. Sie ist die Gründerin vom „Rosa Mag„, eine Zeitschrift für afrodeutsche Frauen und Männer. „Ursprünglich“, fügt sie hinzu und die Runde lacht. Wir alle kennen die Erfahrung. Meistens folgt auf unsere Antwort die erneute Frage, woher man denn aber wirklich sei.

Solche und weitere Insider wie etwa „Darf ich dir mal in die Haare fassen?“ amüsieren uns an diesem Nachmittag. Nach einer gemeinsamen Meditation und einem kleinen Impulsworkshop zum Thema Selbstbewusstsein, wird erst einmal gegessen. Wir zelebrieren Sisterhood, reden über unsere Berufe und Berufungen, es fühlt sich gut an.

Vorbilder für unsere Kinder

In Deutschland gibt es immer mehr Vernetzungsangebote für Schwarze Menschen – auch in der Deutschschweiz gibt es inzwischen vereinzelte Gruppen. „Unsere Kinder sollen Vorbilderhaben, mit denen sie sich identifizieren können“, so Stephanie. Dieser Meinung bin ich auch. Mit einigen der Frauen werde ich in Kontakt bleiben, es wurde auch schon über mögliche gemeinsame Projektegesprochen.

Aber erst einmal geht es zurück in die Schweiz. In Basel angekommen, setze ich mich in den Zug Richtung Lausanne. Die Kontrolleurin heisst uns auf Schweizerdeutsch willkommen. Dann dreht sie sich zu mir um und sagt: „Can I see your ticket, please?“

Der Artikel wurde am 10. April 2019 im Friday Magazine veröffentlicht.